Drei galaktische „rote Monster“ im frühen Universum 🔭

Veröffentlicht von Adrien,
Quelle: Universität Genf
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Ein internationales Team unter Leitung der Universität Genf (UNIGE) hat drei ultramassereiche Galaxien identifiziert – fast so massereich wie die Milchstraße –, die bereits innerhalb der ersten Milliarde Jahre nach dem Urknall existierten.

Diese überraschende Entdeckung wurde durch das FRESCO-Programm des James-Webb-Weltraumteleskops ermöglicht, das den NIRCam/Grism-Spektrographen verwendet, um die Entfernungen und Sternmassen von Galaxien präzise zu messen.


Die drei roten Monster sind extrem massereiche und staubreiche Galaxien aus der ersten Milliarde Jahre nach dem Urknall.
© NASA/CSA/ESA, M. Xiao & P. A. Oesch (University of Geneva), G. Brammer (Niels Bohr Institute), Dawn JWST Archive

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Sternbildung im frühen Universum viel effizienter verlief als bisher angenommen. Sie stellen bestehende Modelle zur Galaxienentstehung in Frage. Die Studie wurde in Nature veröffentlicht.

Nach dem von Wissenschaftlern bevorzugten theoretischen Modell entstehen Galaxien allmählich innerhalb großer Halos aus Dunkler Materie. Die Halos aus Dunkler Materie fangen Gas (Atome und Moleküle) ein, um gravitativ gebundene Strukturen zu bilden. In der Regel werden jedoch nur 20 % dieses Gases in den Galaxien zu Sternen umgewandelt.

Die neuen Entdeckungen eines internationalen Teams unter Leitung der UNIGE und mithilfe des NASA-Weltraumteleskops James Webb (JWST) stellen diese Sichtweise jedoch infrage. Sie zeigen, dass massereiche Galaxien im frühen Universum möglicherweise viel effizienter Sterne bildeten als ihre später entstandenen Gegenstücke und dass sie sich viel schneller entwickelten, als bisher gedacht.

Entdeckung der „roten Monster“


Die beispiellosen Möglichkeiten des JWST haben es Astronomen ermöglicht, Galaxien im sehr fernen und damit jungen Universum zu untersuchen und dabei Informationen über massereiche Galaxien und staubverhangene Galaxien zu gewinnen. Bei der Analyse der Galaxien aus der FRESCO-Studie stellten die Wissenschaftler fest, dass die meisten Quellen mit den bestehenden theoretischen Modellen kompatibel sind. Sie entdeckten jedoch auch drei überraschend massereiche Galaxien, deren Sternmassen mit denen der heutigen Milchstraße vergleichbar sind.

Diese Galaxien bilden Sterne fast doppelt so effizient wie ihre weniger massereichen Gegenstücke und ältere Galaxien. Aufgrund ihres hohen Staubgehalts, der ihnen auf den Bildern des JWST ein deutlich rotes Aussehen verleiht, wurden sie als die drei „roten Monster“ bezeichnet.

„Unsere Ergebnisse verändern unser Verständnis der Galaxienbildung im jungen Universum grundlegend“, erklärt Mengyuan Xiao, Hauptautorin der neuen Studie und Postdoktorandin am Astronomischen Institut der Naturwissenschaftlichen Fakultät der UNIGE. David Elbaz, Forschungsdirektor am CEA Paris-Saclay, fügt hinzu: „Die massiven Eigenschaften dieser ‚roten Monster' konnten vor dem JWST kaum bestimmt werden, da sie optisch aufgrund der durch Staub verursachten Abschwächung unsichtbar sind.“

Ein wichtiger Schritt in der Beobachtung von Galaxien


Das internationale Team hat ein neues Programm mit dem JWST entwickelt, um systematisch eine vollständige Stichprobe von Galaxien mit Emissionslinien innerhalb der ersten Milliarde Jahre kosmischer Geschichte zu analysieren. Diese Herangehensweise ermöglichte es dem Team, genaue Entfernungen und zuverlässige Messungen der Sternmassen für die gesamte Galaxienstichprobe zu erhalten.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die beeindruckende Leistungsfähigkeit der NIRCam/Grism-Spektroskopie“, erklärt Pascal Oesch, außerordentlicher Professor am Astronomischen Institut der Naturwissenschaftlichen Fakultät der UNIGE und leitender Forscher dieses Beobachtungsprogramms. „Das an Bord des Weltraumteleskops befindliche Instrument erlaubt uns, die Entwicklung von Galaxien im Laufe der Zeit zu identifizieren und zu studieren sowie ein klareres Bild davon zu erhalten, wie sich Sternmassen in der kosmischen Geschichte ansammeln.“

Zu viele und zu massereiche Galaxien im frühen Universum


Obwohl diese Ergebnisse nicht im Widerspruch zum Standard-Kosmologiemodell stehen, werfen sie neue Fragen für die Theorien zur Galaxienentstehung auf, insbesondere das Problem der „zu zahlreichen und zu massereichen“ Galaxien in der Anfangszeit des Universums.

Aktuelle Modelle müssen möglicherweise die einzigartigen Prozesse berücksichtigen, die es einigen frühen massereichen Galaxien ermöglichten, Sterne mit einer so hohen Effizienz zu bilden und sich daher sehr schnell und sehr früh im Universum zu entwickeln. Künftige Beobachtungen mit dem JWST und dem Atacama Large Millimeter Array (ALMA) werden weitere Erkenntnisse über diese ultramassereichen „roten Monster“ liefern und größere Proben solcher Quellen offenbaren.

„Diese Ergebnisse zeigen, dass Galaxien im frühen Universum Sterne mit einer unerwarteten Effizienz bilden konnten. Wenn wir diese Galaxien genauer untersuchen, werden sie neue Einblicke in die Bedingungen eröffnen, die die frühesten Epochen des Universums geprägt haben. Die ‚roten Monster' sind erst der Anfang einer neuen Ära in der Erforschung des frühen Universums“, schließt Dr. Mengyuan Xiao ab.