Ein wenig bekanntes elektrisches Phänomen hat tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Atmosphäre. Dieses Feld, als ambipolares elektrisches Feld bekannt, wurde nun erstmals von Wissenschaftlern gemessen.
Dank einer NASA-Rakete wurde die Existenz dieses Feldes bestätigt, was seine Schlüsselrolle beim Entweichen der Atmosphäre über den Polen aufzeigt.
Der geografische Nordpol, gesehen von der Endurance-Mission in einer Höhe von 477 Meilen (768 Kilometern) über der Arktis. Die schwachen roten und grünen Streifen oben im Bild sind Linsenartefakte. Credit: NASA
Entdeckt durch die Endurance-Mission, könnte dieses elektrische Feld für unseren Planeten ebenso grundlegend sein wie die Schwerkraft oder der Magnetismus. Es beeinflusst direkt das Entweichen der Erdatmosphäre über die Pole. Dieser Mechanismus könnte ein besseres Verständnis der Entwicklung unserer Ionosphäre ermöglichen.
Seit den 1960er Jahren vermuteten Wissenschaftler die Existenz eines solchen Feldes. Sie beobachteten einen mysteriösen "Polaren Wind", einen Fluss von Partikeln, die die Erdatmosphäre ohne erkennbare Wärme mit Überschallgeschwindigkeit verließen. Zur Erklärung ihrer Herkunft wurde hypothetisch ein schwaches, aber ausgedehntes elektrisches Feld vorgeschlagen.
Der Nachweis dieses Feldes war bis dahin mit den verfügbaren Instrumenten unmöglich. Erst 2016 entwickelte das Team um Glyn Collinson am Goddard Space Flight Center der NASA ein Gerät, das in der Lage war, dieses Feld zu erkennen.
Am 11. Mai 2022 wurde die Endurance-Mission vom Svalbard, einem nahe dem Nordpol gelegenen norwegischen Archipel, gestartet. Auf ihrem Höhepunkt bei 768 Kilometern erfasste sie eine Potenzialdifferenz von nur 0,55 Volt. Dieses schwache Feld reicht jedoch aus, um den Polaren Wind zu erklären.
Die Wasserstoffionen, die leichtesten und häufigsten in diesem Wind, werden mit Überschallgeschwindigkeit angetrieben und trotzen der Erdanziehungskraft. Dieses Feld erhöht auch die Dichte der Ionosphäre weit über das Niveau hinaus, das ohne ihm herrschen würde.
Diese Entdeckungen eröffnen neue Wege zur Erforschung der atmosphärischen Entwicklung nicht nur der Erde, sondern auch anderer Planeten. Ein ähnliches Feld könnte auf Mars und Venus existieren und ihre Atmosphäre auf vergleichbare Weise beeinflussen.
Was ist die Ionosphäre?
Die Ionosphäre ist eine Schicht der Erdatmosphäre in einer Höhe zwischen 60 und 1.000 Kilometern. Sie besteht aus ionisierten Partikeln, das heißt, elektrisch geladenen Molekülen und Atomen. Diese Partikel entstehen hauptsächlich durch die Wirkung der Sonnenstrahlung, die Elektronen aus Luftmolekülen herausschlägt.
Diese Schicht spielt eine entscheidende Rolle bei der Übertragung von Radiosignalen, da sie die Signale reflektieren und so die Ausbreitung über große Entfernungen ermöglichen kann. Darüber hinaus schützt die Ionosphäre die Erde vor schädlicher Sonnenstrahlung, indem sie einen Teil der ultravioletten und Röntgenstrahlen absorbiert.
Die Ionosphäre ist auch Schauplatz spektakulärer Phänomene wie der Polarlichter, die durch die Wechselwirkung zwischen den geladenen Partikeln des Sonnenwinds und denen der Ionosphäre entstehen, und farbige Lichter am Himmel der Polarregionen erzeugen.