Ganymed und Kallisto: Gefrorene Schicksale mit unterschiedlichen Ursprüngen

Veröffentlicht von Adrien,
Quelle: CNRS INSU
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Zwei eisige Monde des Jupiter, obwohl benachbart und ähnlich groß, weisen radikal unterschiedliche innere Strukturen auf. Eine neue Studie legt nahe, dass diese Dichotomie bereits bei ihrer Entstehung begründet liegt und stellt damit aktuelle Theorien in Frage.

Kallisto und Ganymed, zwei große eisige Monde des Jupiter, faszinieren Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Obwohl sie Nachbarn und von vergleichbarer Größe sind, scheinen ihre inneren Strukturen erstaunlich unterschiedlich zu sein.


Künstlerische Darstellung der Innenwelten von Ganymed und Kallisto. Ganymed zeigt eine geschichtete, differenzierte Struktur, während Kallisto ein weitgehend undifferenziertes Inneres aus Gestein und Eis aufweist.

Daten der Galileo-Mission zeigen, dass Ganymed, der größte Mond im Sonnensystem, sich vollständig in einen metallischen Kern, einen Gesteinsmantel und eine Eiskruste differenziert hat. Im Gegensatz dazu scheint Kallisto eine nur teilweise differenzierte innere Struktur beibehalten zu haben, bestehend aus einem relativ homogenen Gemisch aus Gestein und Eis.

Ein Team, zu dem auch Forscher des CNRS Terre & Univers gehören (siehe Kasten), präsentiert eine neue Hypothese: Diese Unterschiede könnten bereits während der Entstehungsphase entstanden sein, ohne dass spätere bedeutende Ereignisse notwendig wären.

Durch die Simulation der Akkretionsprozesse in der Gas- und Staubscheibe um Jupiter entwickelten die Forscher ein thermisches Evolutionsmodell, das alle Wärmequellen berücksichtigt: die radiogene Erwärmung durch kurzlebige Radionuklide, die durch Einschläge während der Akkretion erzeugte Wärme sowie die thermische Strahlung der zirkumjovianischen Scheibe.

Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass die beobachtete Dichotomie zwischen Ganymed und Kallisto natürlich durch ähnliche Entstehungsbedingungen erklärt werden könnte, vorausgesetzt, die Zusammensetzung und die Größenverteilung der Einschlagkörper waren identisch.

Ihre Simulationen zeigen, dass Ganymed bereits während seiner Entstehung die für eine vollständige Aufschmelzung notwendigen Temperaturen erreicht hätte, während Kallisto, das in einer kälteren Region der Scheibe entstand, die Schwelle zur Wassereisschmelze nicht überschritten hätte, obwohl es möglicherweise viele große Einschlagkörper aufgenommen hat.

Die Studie verdeutlicht, dass subtile Unterschiede wie die lokale Temperatur innerhalb der Scheibe oder die orbitale Position relativ zu Jupiter ausreichen können, um radikal unterschiedliche Entwicklungsverläufe zu erklären.

Ganymed, massereicher und näher an Jupiter entstanden, war energiereicheren Einschlägen und einer wärmeren Umgebung ausgesetzt – Bedingungen, die für eine vollständige Schmelze ausreichten.

Kallisto, das in einer kälteren Region weiter entfernt akkretierte, behielt so eine weitgehend undifferenzierte Struktur bei.

Diese Ergebnisse stellen die vorherrschende Hypothese in Frage, nach der diese Dichotomie auf sekundäre Prozesse wie späte Bombardements oder Gezeitenwirkungen durch orbitale Resonanzen zurückzuführen ist. Die europäische JUICE-Mission, die 2031 im Jupitersystem erwartet wird, wird eine Schlüsselrolle spielen, um diese Hypothesen durch hochpräzise Gravitationsmessungen während ihrer geplanten Vorbeiflüge an Kallisto zu testen.