In den Tiefen des Pazifiks enthält ein auffallend blauer Schlamm Beweise für Leben unter Bedingungen, die bisher als unbewohnbar galten. Diese alkalische Substanz, die von Schlammvulkanen in der Nähe des Marianengrabens an die Oberfläche befördert wurde, zeugt von biologischer Aktivität in einer der lebensfeindlichsten Umgebungen unseres Planeten.
Die Erforschung dieser extremen Ökosysteme stellt eine große wissenschaftliche Herausforderung dar, um die Grenzen des Lebens zu verstehen. Ein internationales Team unter der Leitung der Universität Bremen hat es geschafft, die Präsenz von mikrobiellen Gemeinschaften in Sedimenten mit außergewöhnlich hohem pH-Wert zu dokumentieren. Ihre Arbeit, veröffentlicht in Communications Earth & Environment, stützt sich auf die Analyse von lipidischen Biomarkern, um die Überlebensstrategien dieser Organismen zu rekonstruieren.
Blaue Schlamm aus einem kĂĽrzlich entdeckten Schlammvulkan in einem Bohrker. Die Proben wurden von einem Team untersucht, um die Ăśberlebensstrategien der Mikroorganismen zu entschlĂĽsseln. Foto: SO292/2, Wissenschaftsteam der Expedition
Ein außergewöhnliches Ökosystem
Die Proben stammen von zwei kürzlich entdeckten Schlammvulkanen im Vorlandbogen der Marianen in fast 3000 Metern Tiefe. Ihre einzigartige geologische Zusammensetzung erzeugt eine hyperalkalische Umgebung mit einem pH-Wert von bis zu 12, vergleichbar mit Kalkwasser. Diese extreme Alkalität resultiert aus Serpentinisierungsprozessen, bei denen bestimmte Gesteine mit Meerwasser reagieren und spezifische Mineralien bilden.
In dieser Umgebung, die arm an organischen Nährstoffen und durch einen hohen Salzgehalt gekennzeichnet ist, erweist sich der Nachweis von mikrobieller DNA aufgrund der geringen Zelldichte oft als erfolglos. Die Forscher wählten daher einen alternativen Ansatz, indem sie sich auf Membranlipide konzentrierten, die stabiler und langlebiger sind. Diese fettigen Moleküle sind zuverlässige Zeugen vergangener und gegenwärtiger biologischer Aktivität.
Die genaue Analyse dieser Biomarker enthüllte die gleichzeitige Präsenz mehrerer mikrobieller Gemeinschaften, die an diese drastischen Bedingungen angepasst sind. Die Unterscheidung zwischen intakten Lipiden, die auf eine rezente Gemeinschaft hinweisen, und fossilen Molekülen, die von fossilen Ökosystemen zeugen, ermöglicht es, die Evolutionsgeschichte dieser extremen Lebensräume über geologische Zeiträume zurückzuverfolgen.
Mikrobielle Ăśberlebensstrategien
Die identifizierten Mikroorganismen weisen einzigartige Stoffwechsel auf, die sich grundlegend von denen in konventionellen marinen Ökosystemen unterscheiden. Anstatt von organischem Material von der Meeresoberfläche abzuhängen, beziehen diese Gemeinschaften ihre Energie direkt aus den Gesteinen und den darin enthaltenen Gasen. Diese Ernährungsautonomie ermöglicht es ihnen, völlig unabhängig von der Photosynthese zu gedeihen.
Die Studie zeigt, dass diese spezialisierten Mikroben Sulfat metabolisieren und Methan aus dem in ihrer unmittelbaren Umgebung verfĂĽgbaren Kohlendioxid und Wasserstoff produzieren. Diese biochemischen Prozesse, obwohl weniger effizient als klassische Stoffwechselwege, reichen aus, um ein funktionierendes Ă–kosystem unter ressourcenarmen Bedingungen aufrechtzuerhalten. Die Methanproduktion stellt zudem einen wichtigen Aspekt des globalen Kohlenstoffkreislaufs dar.
Die Präsenz dieser mikrobiellen Gemeinschaften in einem derart einschränkenden Lebensraum bestätigt die Widerstandsfähigkeit des Lebens. Ihr Fortbestehen trotz des fast völligen Fehlens von verfügbarem organischem Kohlenstoff deutet darauf hin, dass ähnliche Prozesse außerirdisches Leben unter vergleichbaren Umweltbedingungen ermöglichen könnten.