Forscher der SISSA – in Zusammenarbeit mit dem INFN, dem IFPU und der Universität Warschau – haben in Physical Review D eine Studie veröffentlicht, die unser Verständnis der ersten kosmischen Momente auf den Kopf stellt. Ihre Arbeit untersucht die Hypothese einer sehr kurzen Periode, in der die Materie das entstehende Universum dominiert hätte und Bedingungen schuf, die die Bildung kompakter kosmischer Objekte begünstigten. Diese Phase, obwohl von kurzer Dauer, hätte ausgereicht, um physikalische Prozesse in Gang zu setzen, die die spätere Entwicklung des Kosmos geprägt haben.
Während dieser Periode der Materiedominanz hätten sich Elementarteilchen zu Halos zusammengeschlossen, die unter dem Einfluss ihrer eigenen Wechselwirkungen einem Gravitationskollaps unterlegen wären. Dieser Prozess hätte zur Entstehung verschiedenster kosmischer Objekte geführt, von primordialen Schwarzen Löchern über Bosonensterne bis hin zu noch exotischeren Strukturen. Diese Formationen hätten nur für wenige Sekunden existiert, bevor sie sich umwandelten oder vollständig verschwanden.
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Unter diesen seltsamen Objekten zeichnen sich Kannibalsterne durch ihren einzigartigen Energiemechanismus aus. Im Gegensatz zu klassischen Sternen, die ihre Energie aus der Kernfusion beziehen, würden diese hypothetischen Entitäten durch die Vernichtung der Teilchen, aus denen sie bestehen, angetrieben. Bosonensterne hingegen würden ihren Zusammenhalt durch die Quanteneigenschaften ihrer Bestandteile aufrechterhalten und stellen eine Form von stellarer Materie dar, die völlig anders ist als alles, was wir kennen.
Die primordialen Schwarzen Löcher, die aus diesen Kollapsen hervorgehen, weisen besonders geringe Massen auf, einige entsprechen der Masse eines Asteroiden. Den theoretischen Modellen des Teams zufolge könnten einige dieser Mikro-Schwarzen-Löcher schnell durch Verdampfung verschwunden sein, während andere einen signifikanten Teil der dunklen Materie ausmachen könnten, die Kosmologen immer noch suchen. Diese Vielfalt an Szenarien eröffnet neue Perspektiven für das Verständnis der Zusammensetzung unseres Universums.
Die Implikationen dieser Arbeit gehen über den Rahmen der ersten kosmischen Augenblicke hinaus. Die Forscher betonen, dass ähnliche Prozesse heute in Halos aus selbstwechselwirkender dunkler Materie auftreten könnten. Die Untersuchung dieser Phänomene in einfachen Teilchenmodellen könnte die Mechanismen der Sternentstehung und Akkretion, die die Entwicklung von Galaxien und kosmischen Haufen prägen, in einem neuen Licht erscheinen lassen.
Die Halos aus Urmaterie
Die Halos aus Urmaterie treten in Form von Konzentrationen aus Elementarteilchen auf, die sich im extrem jungen Universum gebildet haben. Diese mikroskopischen Strukturen wären während der kurzen Periode, in der die Materie den entstehenden Kosmos dominierte, lange bevor die ersten Galaxien erschienen, natürlich entstanden. Ihre hypothetische Existenz beruht auf kosmologischen Modellen, die die Wechselwirkungen zwischen den fundamentalen Teilchen unter extremen Dichte- und Temperaturbedingungen beschreiben.
Die Bildung dieser Halos würde sich aus Quantenfluktuationen ergeben, die durch die rasche Expansion des Universums verstärkt wurden. Die Teilchen hätten durch Wechselwirkungen untereinander Regionen geschaffen, die etwas dichter waren als ihre Umgebung. Unter dem Einfluss der Schwerkraft hätten sich diese Überdichten allmählich verstärkt und zur Bildung kohärenter Strukturen geführt. Dieser Prozess erinnert an den, der heute Galaxien formt, jedoch auf viel kleineren Skalen und unter radikal anderen physikalischen Bedingungen.
Die Stabilität dieser Halos hing eng von der Art der Wechselwirkungen zwischen den Teilchen ab. Einige Modelle schlagen vor, dass zusätzliche Kräfte jenseits der Schwerkraft und der Standardwechselwirkungen eine entscheidende Rolle in ihrer Entwicklung gespielt haben könnten. Die Lebensdauer dieser Strukturen variierte erheblich je nach ihren Eigenschaften; einige bestanden nur für Sekundenbruchteile, während andere lange genug persistieren konnten, um die späteren Stadien der kosmischen Entwicklung zu beeinflussen.
Die Untersuchung dieser primordialen Halos bietet ein einzigartiges Fenster in die Hochenergiephysik. Ihre Eigenschaften könnten Aspekte der Teilchentheorie offenbaren, die terrestrischen Beschleunigern entgehen. Darüber hinaus könnte ihre Entwicklung beobachtbare Signaturen in der kosmischen Hintergrundstrahlung oder in der Verteilung der dunklen Materie hinterlassen haben und so wertvolle Hinweise liefern, um kosmologische Modelle zu testen.
Der gravothermale Kollaps
Der gravothermale Kollaps beschreibt einen Prozess, bei dem ein System wechselwirkender Teilchen Energie verliert und sich unter dem Einfluss seiner eigenen Schwerkraft zusammenzieht. Im frühen Universum hätte dieser Mechanismus Materiehalos in kompakte kosmische Objekte umgewandelt. Im Gegensatz zu klassischen Gravitationskollapsen integriert dieses Phänomen thermische Effekte und Wechselwirkungen zwischen Teilchen, was eine völlig andere Dynamik erzeugt.
Der Prozess beginnt, wenn Teilchen innerhalb eines Halos durch Kollisionen und Wechselwirkungen Energie austauschen. Diese Austausche führen zu einer Umverteilung der Energie, wobei einige Teilchen genug Geschwindigkeit gewinnen, um dem System zu entkommen. Der daraus resultierende Energieverlust verringert den inneren Druck, der den Halo gegen den Gravitationskollaps stützt. Allmählich zieht sich das System zusammen, wodurch seine Dichte und Temperatur steigen.
Je intensiver die Kontraktion wird, desto häufiger und energiereicher werden die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen. In einigen Fällen können diese Wechselwirkungen Kettenreaktionen auslösen, die den Kollaps beschleunigen. Die genaue Natur des Endobjekts hängt von den Eigenschaften der beteiligten Teilchen und den Anfangsbedingungen des Halos ab. Einige Halos könnten Schwarze Löcher bilden, während andere sich zu exotischen Sternen stabilisieren könnten.
Dieser Mechanismus weist Ähnlichkeiten mit der Entstehung heutiger Sterne auf, jedoch mit grundlegenden Unterschieden, die auf das Fehlen schwerer Elemente und die viel höheren Energien zurückzuführen sind. Das Verständnis des gravothermalen Kollapses im frühen Universum könnte zeitgenössische Phänomene erklären, wie die Dynamik von Kugelsternhaufen oder die Entwicklung von Zwerggalaxien, wo ähnliche Prozesse auf unterschiedlichen Skalen ablaufen könnten.