Vor 20.000 Jahren verwandelten Menschen die Ăberreste gestrandeter Wale in Waffen und Werkzeuge. Diese Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Ăberlebensstrategien der KĂŒstenbewohner wĂ€hrend der Altsteinzeit.
Eine internationale Studie, veröffentlicht in
Nature Communications, zeigt, dass menschliche Gruppen in Europa marine Ressourcen viel frĂŒher nutzten als bisher angenommen. Durch die Analyse von Knochenwerkzeugen aus 26 archĂ€ologischen StĂ€tten identifizierten die Forscher fĂŒnf Walarten, die zur Herstellung von Projektilspitzen und Waffen verwendet wurden.
Maritime Werkzeuge fĂŒr die Jagd an Land
Die untersuchten Knochen stammen hauptsĂ€chlich von Pottwalen, Furchenwalen und Grauwalen. Ihre dichte und gerade Struktur machte sie ideal fĂŒr die Herstellung robuster Waffen. Diese Werkzeuge dienten der Jagd auf Landtiere wie Rentiere und Bisons und zeigen eine geniale Anpassung an die verfĂŒgbaren Ressourcen.
Isotopenanalysen deuten darauf hin, dass diese Wale eine andere ErnĂ€hrung hatten als heute. Pottwale ernĂ€hrten sich hauptsĂ€chlich von Tintenfischen, wĂ€hrend Grauwale den Meeresboden in KĂŒstennĂ€he durchsuchten. Diese Daten bieten einen einzigartigen Einblick in die prĂ€historische marine Ăkologie.
In der Höhle von Santa Catalina in Spanien wurden unbearbeitete, aber absichtlich zerbrochene Knochen gefunden. Die Forscher vermuten, dass sie zur Gewinnung von Fett genutzt wurden, einer lebenswichtigen Ressource wÀhrend der Eiszeiten.
Eine alte Verbindung zwischen Mensch und Meer
Menschen jagten Wale wahrscheinlich nicht aktiv, sondern nutzten Strandungen. Der Transport dieser Knochen ĂŒber mehrere Kilometer zeigt ihren wirtschaftlichen und symbolischen Wert. Diese Praxis offenbart eine systematische Nutzung von KĂŒstenressourcen lange vor dem Aufkommen der Hochseefischerei.
Die Studie hebt auch kulturelle VerÀnderungen hervor. Nach 16.000 Jahren nahm die Verwendung von Walknochen ab, möglicherweise aufgrund sich Àndernder Handelsnetzwerke oder Lebensweisen. Dennoch zeigt ihre PrÀsenz in BinnenstÀtten die Bedeutung von Fernhandel und -reisen.
Diese Funde stellen die Vorstellung einer ausschlieĂlich landorientierten palĂ€olithischen Wirtschaft in Frage. Sie verdeutlichen die AnpassungsfĂ€higkeit prĂ€historischer Gesellschaften an Umweltbedingungen.
WeiterfĂŒhrend: Wie identifiziert man Arten anhand alter Knochen?
Die ZooMS-Methode (ZooarchĂ€ologie durch Massenspektrometrie) basiert auf der Analyse von Kollagensequenzen, einem Protein in Knochen. Jede Tierart hat eine einzigartige peptidische Signatur, vergleichbar mit einem molekularen Fingerabdruck. Diese Technik ermöglicht die Identifizierung von Knochenfragmenten, selbst wenn sie fĂŒr eine klassische morphologische Studie zu beschĂ€digt oder unvollstĂ€ndig sind.
Der Hauptvorteil von ZooMS liegt in seiner Schnelligkeit und dem geringen Materialverbrauch. Nur 10 mg Knochen reichen fĂŒr zuverlĂ€ssige Ergebnisse aus, was wertvolle archĂ€ologische Proben schont. Die Forscher vergleichen die erhaltenen Spektren dann mit einer Referenzdatenbank, die Kollagenprofile verschiedener Arten enthĂ€lt.
Dieser Ansatz verbessert die Untersuchung alter Artefakte, insbesondere bei oft fragmentierten marinen Knochen. In dieser Studie ermöglichte er die Unterscheidung eng verwandter Arten wie Nordkaper und Grönlandwale, die durch bloĂe Beobachtung nicht zu unterscheiden sind. Kombiniert mit der Radiokohlenstoffdatierung bietet er einen prĂ€zisen Einblick in die Interaktionen zwischen Mensch und prĂ€historischer Meeresfauna.