Eine seltsame mathematische Regel organisiert die Wörter aller menschlichen Sprachen. Eine kürzlich durchgeführte Studie zeigt, dass auch Vögel dieser Logik zu folgen scheinen.
Seit Jahrzehnten beobachten Linguisten, dass die am häufigsten verwendeten Wörter einer Sprache auch die kürzesten sind. Dieses Prinzip, bekannt als das Zipfsche Abkürzungsgesetz, ermöglicht eine schnellere und effizientere Kommunikation. Bisher ging man davon aus, dass diese Regel nur für die menschliche Spezies gilt. Doch eine kürzlich in der Zeitschrift
PLOS Computational Biology veröffentlichte Studie zeigt, dass auch Vogelgesänge dieser Tendenz folgen. Die häufigsten Töne sind signifikant kürzer, während seltene Laute sich in die Länge ziehen.
Ein universelles Gesetz der Kommunikation
Forscher der Universität Manchester und des Zoos von Chester analysierten über 600 Gesänge von sieben verschiedenen Arten. Ihre innovative Methode, basierend auf einem Computerwerkzeug namens ZLAvian, ermöglichte es, die Beziehung zwischen Häufigkeit und Dauer der Töne zu messen. Im Gegensatz zu früheren Studien konzentriert sich dieser Ansatz auf Individuen statt auf Populationen und enthüllt so verborgene Muster.
Die Ergebnisse zeigen, dass, obwohl jede Art Variationen aufweist, sich eine globale Tendenz abzeichnet: die am häufigsten verwendeten Laute sind kürzer. Diese Beobachtung legt nahe, dass das Zipfsche Gesetz keine menschliche Erfindung ist, sondern ein Optimierungsprinzip, das in der Natur vorhanden ist. Vögel scheinen ebenso wie Menschen den Aufwand für die Kommunikation zu minimieren und Kürze für die wichtigsten Elemente zu bevorzugen.
Die Studie betont auch die methodischen Herausforderungen. Die Klangrepertoires der Vögel sind weit weniger vielfältig als die der Menschen, und individuelle Unterschiede erschweren die Analyse. Dennoch konnten die Wissenschaftler durch die Kombination von Daten mehrerer Arten eine signifikante statistische Regelmäßigkeit identifizieren, die die Hypothese einer gemeinsamen Regel bestätigt.
Biologische und kognitive Ähnlichkeiten
Vögel und Menschen teilen Gehirnstrukturen und Gene, die am Erlernen von Kommunikation beteiligt sind. Diese biologische Nähe könnte erklären, warum beide Gruppen ähnliche Prinzipien zur Optimierung ihres Austauschs verfolgen. Das Zipfsche Gesetz, das die Länge häufiger Laute reduziert, spart Zeit und Energie – ein unbestreitbarer evolutionärer Vorteil.
Andere Tiere wie Buckelwale oder afrikanische Pinguine zeigen ebenfalls effiziente Kommunikationsmuster. Diese Entdeckungen stärken die Idee, dass Effizienz ein universeller Antrieb für die Evolution von Kommunikationssystemen ist. Die Forscher hoffen, dass ihr Werkzeug ZLAvian die Untersuchung dieser Phänomene bei anderen Arten erleichtern und so unser Verständnis der Tierkommunikation erweitern wird.
Die Identifizierung dieser gemeinsamen Regeln eröffnet neue Perspektiven. Sie lädt dazu ein, die Grenze zwischen menschlicher und tierischer Kommunikation neu zu überdenken und die kognitiven Mechanismen zu erforschen, die diesen Ähnlichkeiten zugrunde liegen. Vogelgesänge, weit davon entfernt, einfache Melodien zu sein, könnten eine viel tiefere mathematische und biologische Logik widerspiegeln.
Weiterführend: Was ist das Zipfsche Abkürzungsgesetz?
Formuliert in den 1930er Jahren vom Linguisten George Kingsley Zipf, beobachtet dieses Gesetz, dass die häufigsten Wörter einer Sprache in der Regel die kürzesten sind.
Diese Tendenz lässt sich durch ein Sparsamkeitsprinzip erklären: Die am häufigsten verwendeten Elemente sollten einfach und schnell zu produzieren sein. George Kingsley Zipf zeigte, dass diese Regel auf fast alle menschlichen Sprachen zutrifft, unabhängig von ihrer Herkunft oder Struktur. Sie spiegelt eine natürliche Optimierung der Sprache wider, die die Effizienz der Kommunikation fördert.
Aktuelle Forschungen deuten darauf hin, dass dieses Gesetz nicht auf den Menschen beschränkt ist. Studien zu Vogelgesängen, Lautäußerungen von Pinguinen oder sogar Walgesängen zeigen ähnliche Muster. Dies deutet darauf hin, dass das Zipfsche Gesetz ein universelles Prinzip sein könnte, das Kommunikationssysteme weit über unsere Spezies hinaus prägt.