🧬 Eine abgesetzte Architektin der DNA im Laufe der Evolution

Veröffentlicht von Adrien,
Quelle: CNRS INSB
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In einem Artikel, der in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde, haben Wissenschaftler ein Protein namens HP1 untersucht, das an der Organisation der DNA beteiligt ist. Dieses Protein, das sowohl in der Spalthefe als auch in Säugetieren vorkommt, kann "Kondensate" bilden, die es ermöglichen, bestimmte DNA-Bereiche zu bündeln. Diese Fähigkeit nimmt jedoch im Laufe der Evolution ab und verschwindet bei der Maus schließlich ganz, wodurch andere Strategien zur Regulierung der Genexpression Platz greifen.

Heterochromatin Protein 1, eine Architektin der DNA


HP1 (Heterochromatin Protein 1) ist ein Protein, das mit dem Chromatin assoziiert ist und dabei hilft, die DNA zu kompaktieren und die Genaktivität zu steuern. Es ist von der Spalthefe bis zu den Säugetieren evolutionär weitgehend konserviert. Wissenschaftler vermuten seit Langem, dass es DNA durch einen Prozess namens flüssig-flüssig-Phasentrennung in Kondensaten, einer Art Tröpfchen, zusammenfassen kann.


Dieser Prozess würde es ermöglichen, spezifische DNA-Regionen zu bündeln und so dichte DNA-Bereiche zu bilden, die als "Heterochromatin" bezeichnet werden. Diese Hypothese war jedoch umstritten, da die experimentellen Daten zu HP1 stark zwischen den untersuchten Arten variieren.

Eine bei Säugetieren verlorene Fähigkeit


In einer Studie, die in Nature Communications erschienen ist, verglichen Wissenschaftler direkt die Eigenschaften von HP1 aus drei Arten: der Hefe Schizosaccharomyces pombe, der Fliege Drosophila melanogaster und der Maus Mus musculus.

Sie untersuchten das Verhalten dieser Proteine in vitro und in Säugetierzellen. Das Ergebnis: HP1 aus Hefe und Fliege bildet tatsächlich durch Phasentrennung Kondensate und bündelt das Chromatin in dichten Strukturen. Im Gegensatz dazu ist HP1 aus der Maus dazu nicht in der Lage.

Noch überraschender ist, dass, wenn man die HP1 aus Hefe oder Fliege in Mauszellen einführt, diese dort das Chromatin reorganisieren können, was beweist, dass diese Eigenschaft in einem säugetierartigen Kontext funktional ist. Dies legt nahe, dass die Fähigkeit von HP1, Kondensate zu bilden, im Laufe der Evolution verloren gegangen ist.

Die Forscher führen diesen Verlust auf zwei Faktoren zurück: eine Abnahme der intrinsischen Unordnung in der Struktur der HP1-Proteine von Säugetieren, verbunden mit einer Abschwächung der Phasentrennung durch HP1-Paraloge (andere Versionen des Proteins) bei diesen. Mit anderen Worten, die zunehmende Komplexität der zellulären Systeme könnte die alte Funktion der Phasentrennung überflüssig oder sogar unerwünscht gemacht haben.


HP1 aus Hefe oder Fliege kann Kondensate bilden, die die Bündelung von Heterochromatin-Regionen erleichtern.
© Fabian Erdel

Schließlich sind selbst dann, wenn in Säugetierzellen eingeführtes HP1 aus der Fliege Kondensate verursacht, die Auswirkungen auf die Genexpression gering. Dies deutet darauf hin, dass die räumliche Organisation des Chromatins durch Phasentrennung zumindest bei Säugetieren nicht der Haupthebel für die Genregulation ist.

Diese Studie wirft ein neues Licht auf die Beziehungen zwischen Kernorganisation, Genexpression und Evolution. Sie lädt dazu ein, die funktionale Rolle von Kondensaten in Zellen neu zu bewerten und wirft eine faszinierende Frage auf: Wurde die Phasentrennung, obwohl effektiv, im Laufe der Evolution durch andere, feinere Mechanismen verdrängt?