🌋 Erstmals das Herz eines aktiven Vulkans in 3D abgebildet

Veröffentlicht von Adrien,
Quelle: Universität Genf
Andere Sprachen: FR, EN, ES, PT
Ein Team der UNIGE und des INGV hat mit unübertroffener Präzision die innere Struktur eines aktiven Vulkansystems in 3D dargestellt. Ein Fortschritt für das Risikomanagement.

Vulkanausbrüche können dramatische Folgen haben. Aber wie lässt sich dieses Phänomen vorhersagen, das sich in dutzenden Kilometern Tiefe vorbereitet? Ein Team der Universität Genf hat in Zusammenarbeit mit dem nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) in Italien erfolgreich das Innere des Vulkans Vulcano im Norden Siziliens in 3D modelliert.

Dieses Bild mit beispielloser Präzision wurde durch die Kombination von Seismiksensoren und künstlicher Intelligenz gewonnen. Die in Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse stellen einen echten Fortschritt für das Verständnis vulkanischer Strukturen und potenziell für das Risikomanagement dar.


Vertikalschnitt des S-Wellengeschwindigkeitsmodells, parallel zum äolisch-tindarisch-letojannischen Störungssystem zwischen Lipari und Vulcano. Die Anomalien werden in hohe (H) und niedrige Geschwindigkeiten (L) eingeteilt. Das zerklüftete vulkanische Grundgebirge (H1–H3), beeinflusst durch Abschiebungen, gibt Fluide oder Magmen an einen potenziellen Speicher (L2) und sein Zufuhrsystem ab. Diese Fluide steigen entlang subvertikaler Strukturen zum aktiven hydrothermalen System (L3) auf, identifiziert durch Gipfelfumarolen, Küstenheilquellen und VLP-Seismiksignale (blauer Stern). Der Schnitt ist auf Bereiche mit ausreichender Auflösung beschränkt, oberhalb von 1 km unter dem Meeresspiegel.

Unser Planet zählt mehr als 1.500 aktive Vulkane, aber nur 30 % davon sind Wissenschaftlern gut bekannt. Dennoch leben mehr als 800 Millionen Menschen in der Nähe dieser oft unberechenbaren Giganten. Die Entwicklung von Systemen, die ein besseres Verständnis und eine bessere Vorhersage von Ausbrüchen ermöglichen, ist daher ein wichtiges Forschungsziel.

Dies ist ein Fortschritt vergleichbar mit dem Übergang von Ultraschall zu MRT in der Medizin.

"Bisher hat sich die Vulkanseismologie hauptsächlich auf seismische Signale direkt unter den Vulkanen konzentriert. Großangelegte Studien haben zwar ihre innere Struktur skizziert, aber nur sehr wenige sind ins Detail gegangen, um zu sehen, was wirklich in der Tiefe passiert", erklärt Douglas Stumpp, Doktorand an der Abteilung für Erdwissenschaften, Sektion für Erd- und Umweltwissenschaften, an der Fakultät für Naturwissenschaften der UNIGE und Erstautor der Studie. Diese Situation erklärt sich durch den einzigartigen Charakter jedes Vulkans und die Unzugänglichkeit der Zonen, in denen sich Ausbrüche vorbereiten.


Der Vulkan Vulcano, gelegen auf der gleichnamigen Insel nördlich von Sizilien, trat Ende 2021 in eine Erwachtungsphase ein.
© Douglas Stumpp


Ein "Foto" mit beispielloser Präzision


Dank jüngster Arbeiten im Team von Matteo Lupi, außerordentlicher Professor an der Abteilung für Erdwissenschaften, Sektion für Erd- und Umweltwissenschaften, der Fakultät für Naturwissenschaften der UNIGE, gelang es Douglas Stumpp, ein dreidimensionales hochauflösendes Bild der inneren Struktur des Vulcano zu erhalten. Dieser auf der gleichnamigen Insel nördlich von Sizilien gelegene Vulkan trat Ende 2021 in eine Erwachtungsphase ein, charakterisiert durch sogenannte "Very Long Period"-Seismikereignisse, die auf die Zirkulation von Magma und Gasen im vulkanischen System hinweisen.

"Wir verwendeten ein Verfahren der seismischen Rausch-Tomographie, unterstützt durch nodale Netzwerke. Zur Datenverarbeitung nutzten wir neuronale Netze, eine Technologie, die es uns ermöglicht, Vulkane zu 'durchleuchten'. Diese Arbeiten wurden im Rahmen des gemeinsamen Masterprogramms der Lémanischen Schule für Erdwissenschaften (ELSTE) durchgeführt, die die Universitäten Genf und Lausanne verbindet", erklärt der Forscher. Mit Unterstützung und in Zusammenarbeit mit dem INGV platzierten die Wissenschaftler etwa 200 tragbare Seismiksensoren auf der Insel. Einen Monat lang zeichneten diese Seismometer der neuesten Generation die natürlichen Bodenschwingungen über ein breites Frequenzspektrum auf.

Man weiß beispielsweise, dass sich bestimmte Wellen - die sogenannten Sekundärwellen - mit niedriger Geschwindigkeit ausbreiten, wenn sie durch fluidreiche Zonen laufen, was den potenziellen Nachweis von Magma ermöglicht. Diese riesige Datenmenge wurde anschließend vom Supercomputer ("Yggdrasil") der UNIGE verarbeitet. "Die tomographische Technologie ist seit etwa zwanzig Jahren verfügbar. Aber die Tatsache, dass wir so viele Sensoren einsetzen und ihre Daten mit KI verarbeiten, ist eine echte Neuheit", präzisiert Matteo Lupi, der diese Arbeit leitete.

Dank dieser Informationen konnte das Team die innere Struktur des Vulcano präzise modellieren. Diese Modellierung zeigt auch die Verteilung magmatischer Fluide in seinem oberen Teil auf. "Dies ist ein Fortschritt vergleichbar mit dem Übergang von Ultraschall zu MRT in der Medizin", erklärt der Forscher.

Vom Wissen zur Prävention


Diese Ergebnisse ermöglichen noch keine Vorhersage von Ausbrüchen, aber sie stellen einen echten Sprung nach vorn im Verständnis der internen Dynamik von Vulkanen dar. "Wenn wir es schaffen würden, die Daten der nodalen seismischen Rausch-Tomographie, unterstützt durch neuronale Netzwerke, in Echtzeit zu verarbeiten, könnten wir das Verhalten jeder Zone des vulkanischen Systems nach und nach analysieren - und so dynamische und anpassbare Evakuierungspläne entwerfen.

Die ultraschnelle Verarbeitung so großer Datenmengen stellt nach wie vor ein großes technisches Hindernis dar, aber die Integration von Machine und Deep Learning, wie in dieser Studie demonstriert, beweist, dass diese Perspektive nun realisierbar wird", schließt Douglas Stumpp.