Die Entstehung des Lebens auf der Erde beruht auf einem erstaunlichen Paradoxon: Wie konnten sich einfache Moleküle ohne die Hilfe von Zellen zu komplexen Systemen organisieren? Ein internationales Forscherteam schlägt eine originelle Idee vor: Zähflüssige Gele könnten die Wiege der ersten Lebensformen gewesen sein.
Ihr Modell, das als "präbiotisches Urcogel" bezeichnet wird, beschreibt, wie sich diese halbfesten Substanzen, ähnlich heutigen mikrobiellen Biofilmen, auf Gesteinsoberflächen oder in urzeitlichen Tümpeln gebildet haben könnten. Basierend auf der Chemie weicher Materie schätzen die Wissenschaftler, dass diese Gele eine ideale Struktur boten, um organische Moleküle einzufangen und zu konzentrieren. Diese Arbeit wurde in der Zeitschrift
ChemSystemsChem vorgestellt.
Innerhalb dieser verfestigten Matrizen konnten chemische Reaktionen effizienter ablaufen. Tatsächlich ermöglichten Gele eine selektive Rückhaltung von Verbindungen und einen Schutz vor Umweltschwankungen. Folglich konnten chemische Systeme, die Vorläufer des Stoffwechsels und der Replikation waren, allmählich entstehen und so die Grundlage für die biologische Evolution legen.
Wie Tony Z. Jia, Professor an der Universität Hiroshima, betont, legt diese Theorie den Fokus auf die Rolle von Gelen, die in der Forschung zum Ursprung des Lebens oft vernachlässigt wird. Um diesen Vorschlag zu untermauern, hat das Team verschiedene Studien zusammengeführt, um eine schlüssige Darstellung zu entwickeln, in der diese primitiven Strukturen eine zentrale Rolle spielen. Nach Ansicht von Kuhan Chandru, Forscher an der National University of Malaysia, ist dies einer von mehreren Vorschlägen, aber er eröffnet einen neuen Weg.
Diese Perspektive eröffnet auch neue Ansätze für die Suche nach Leben anderswo im Universum. Beispielsweise könnten auf anderen Planeten analoge Gele, sogenannte "Xeno-Filme", mit unterschiedlichen chemischen Verbindungen existieren. Folglich könnte die Detektion solcher Strukturen anstelle spezifischer Moleküle ein Ziel für Raumfahrtmissionen werden und so die von Astrobiologen verwendeten Methoden erweitern.
Die Forscher planen nun Experimente, um diese Gele unter Bedingungen ähnlich denen der frühen Erde nachzubilden. Sie hoffen so, deren Eigenschaften besser zu verstehen und weitere Arbeiten auf diesem Gebiet anzuregen, wie es sich Ramona Khanum, Mitautorin der Studie, wünscht. Diese Untersuchungen könnten die Schritte aufklären, die zur Entstehung des Lebens führten.
Die präbiotische Chemie: Von einfachen Bausteinen zur Komplexität
Die präbiotische Chemie erforscht die chemischen Prozesse, die der Entstehung des Lebens auf der Erde vorausgingen. Diese Disziplin befasst sich mit der Bildung organischer Moleküle aus einfachen Elementen, die in der ursprünglichen Umwelt vorhanden waren, wie Wasser, Methan oder Ammoniak. Experimente wie das von Miller-Urey zeigten, dass elektrische Funken in einer reduzierenden Atmosphäre Aminosäuren, die Grundbausteine von Proteinen, erzeugen können.
Diese Moleküle mussten sich anschließend zu ausgefeilteren Strukturen zusammensetzen. Die präbiotische Chemie untersucht, wie Reaktionen trotz eines oft chaotischen Milieus geordnet ablaufen konnten. Faktoren wie die Anwesenheit von Tonmineralen oder hydrothermalen Quellen könnten diese Prozesse katalysiert und Oberflächen für die molekulare Organisation geboten haben.
Der nächste Schritt betrifft die Entstehung biologischer Funktionen, wie die Replikation von Information oder der Energiestoffwechsel. Aktuelle Theorien betrachten verschiedene Szenarien, darunter das der Gele, um zu erklären, wie diese Funktionen in einer unbelebten Umgebung entstehen konnten. Diese Disziplin entwickelt sich ständig weiter und integriert Daten aus Geologie und Biologie.
Das Verständnis der präbiotischen Chemie hilft auch, die für Leben anderswo notwendigen Bedingungen zu definieren. Indem Wissenschaftler die wichtigen Schritte auf der Erde identifizieren, können sie geeignete Umgebungen auf anderen Planeten oder Monden, wie Mars oder Europa, besser eingrenzen.