Tuberkulose: Vergiftung als Behandlung? 💊

Veröffentlicht von Adrien,
Quelle: CNRS INSB
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Mycobacterium tuberculosis, der Erreger der Tuberkulose, produziert Toxine und deren Gegenmittel, um sein Wachstum zu regulieren und sich an Stress anzupassen.

In einem Artikel, der in Nature Communications veröffentlicht wurde, beschrieben Wissenschaftler den Wirkmechanismus eines Toxins, das die Proteinherstellung blockiert, und zeigten, wie sich die Zelle entgiften kann. Diese Ergebnisse eröffnen Wege für die Entwicklung von Behandlungen, die auf der Aktivierung dieses Toxins basieren.


Hemmung der Transfer-RNA-Serin durch das Toxin MenT3 und Reparatur durch die RNA-Nukleotidyltransferase CCAse (CCA-hinzufügende Enzym).
© Xibing Xu and Pierre Genevaux

Die Tuberkulose ist die weltweit führende Todesursache durch einen einzelnen Krankheitserreger: das Bakterium Mycobacterium tuberculosis. Dieses Bakterium befällt hauptsächlich die Lunge und wird über die Luft übertragen. Es kann beim Wirt über einen langen Zeitraum in einem nicht-replizierenden und medikamententoleranten Zustand bestehen, der als latente Tuberkulose bezeichnet wird.

Die Zunahme multiresistenter und ultrarestriktiver Stämme von Tuberkulose gegenüber Antibiotika hat den Bedarf an der Identifizierung neuer Zielstrukturen zur Entwicklung neuer Medikamente und innovativer Behandlungsstrategien stark erhöht.

Ein vielversprechender Ansatz basiert auf speziellen Systemen, die Mycobacterium tuberculosis besitzt, den sogenannten „Toxin-Antitoxin-Systemen“ (TA). Diese Systeme sind genetische Elemente, die aus einem schädlichen Toxin (das Gift) und einem Antitoxin, das dessen Aktivität hemmt (das Gegengift), bestehen.

Unter Stressbedingungen wird die Hemmung durch das Antitoxin aufgehoben, und die aktiven Toxine können essenzielle Zellprozesse oder Zellstrukturen wie die Proteinsynthese (Translation), Replikation, den Stoffwechsel oder die Zellwandsynthese angreifen, was zu einem Wachstumsstillstand oder zum Tod des Bakteriums führt.

Bis heute ist die genaue Rolle dieser TA-Systeme bei M. tuberculosis nicht bekannt, und die äußerst schädliche Natur einiger Toxine deutet darauf hin, dass ihre antibakteriellen Eigenschaften genutzt werden könnten, um neue therapeutische Ziele zu identifizieren oder diese direkt als antimikrobielle Mittel einzusetzen.

MenT3: ein interessantes Toxin


In einem Artikel, der in Nature Communications veröffentlicht wurde, machten Wissenschaftler eine bedeutende Entdeckung über eines dieser Toxine mit dem Namen MenT3.

Dieses Toxin blockiert einen lebenswichtigen Prozess für das Überleben von Bakterien: die Produktion von Proteinen. Es wirkt, indem es einen Teil der Transfer-RNAs modifiziert, welche essenzielle Moleküle für die Proteinsynthese sind. Genauer gesagt handelt es sich um eine Nukleotidyltransferase (NTase).

Das bedeutet, dass es das Wachstum von Mycobacterium tuberculosis kontrolliert, indem es die Proteinproduktion durch einen spezifischen Mechanismus blockiert: Es verhindert die Aminoacylierung der Transfer-RNAs, die Serin tragen, indem es das Ende modifiziert, das diese Aminosäure aufnimmt.

Die Wissenschaftler entdeckten ebenfalls einen Mechanismus, durch den das Toxin MenT3 neutralisiert werden kann. Ein anderes Enzym, die CCAse, die ebenfalls eine NTase ist, jedoch an der Reifung der Transfer-RNAs beteiligt ist, kann die Enden der betroffenen RNAs wiederherstellen und so Mycobacterium tuberculosis entgiften.

Diese Fortschritte eröffnen neue Perspektiven für die Entwicklung innovativer Behandlungen, die auf der Aktivierung des Toxins MenT3 basieren.

Referenz:
Xu, X., Barriot, R., Voisin, B. et al.
Nucleotidyltransferase toxin MenT extends aminoacyl acceptor ends of serine tRNAs to control Mycobacterium tuberculosis growth.
Nat Commun 15, 9596 (2024).
https://www.nature.com/articles/s41467-024-53931-w