🍽️ Wie Hunger unser Verhalten verändert: Ein Einblick ins Gehirn

Veröffentlicht von Adrien,
Quelle: CNRS INSB
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Unsere inneren Zustände wie Hunger oder Durst beeinflussen weit mehr als nur unser Verlangen zu essen oder zu trinken. Sie können unsere Entscheidungen verändern, selbst in Situationen, die nichts mit Ernährung zu tun haben. In einer in Nature Communications veröffentlichten Studie zeigen Wissenschaftler, wie diese Zustände bei der Fruchtfliege Drosophila auf bestimmte Gehirnschaltkreise einwirken und das Verhalten in Gefahrensituationen beeinflussen.

Wenn Hunger unsere Reaktion auf Gefahr verändert


Es ist heute gut belegt, dass unser Ernährungszustand nicht nur unseren Appetit bestimmt, sondern auch andere Entscheidungen wie Risikobereitschaft beeinflussen kann. So kann Hunger dazu führen, dass man selbst in riskanten Situationen mutiger handelt. Die Mechanismen, durch die externe Signale wie Hunger oder Durst unser Gehirn und unser Verhalten verändern, sind jedoch noch wenig verstanden.


Um dies besser zu verstehen, müssen Wissenschaftler in der Lage sein, die Verbindungen zwischen den Neuronen im Gehirn zu kartieren, ihre Funktion und Wechselwirkungen aufzuzeichnen und zu sehen, wie sie durch interne Signale wie zirkulierende Hormone oder Moleküle, die je nach Zustand des Organismus im Gehirn freigesetzt werden, moduliert werden. Anschließend muss die Auswirkung dieser Variationen auf das Verhalten gemessen werden. Die direkte Untersuchung am Gehirn von Säugetieren ist sehr komplex, und es fehlen experimentelle Verfahren.

Die Ernährung beeinflusst das Verhalten der Fruchtfliege Drosophila


Um diese Hindernisse zu umgehen, haben sich Wissenschaftler in einem in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichten Artikel für ein viel einfacheres Modell entschieden: die Drosophila oder Essigfliege, genauer gesagt ihre Larve, deren kompaktes Gehirn sehr zugänglich ist und die detaillierte Untersuchung neuronaler Schaltkreise ermöglicht.

Mithilfe einer Karte, die alle Verbindungen zwischen allen Neuronen im Gehirn der Drosophila-Larve darstellt und aus elektronenmikroskopischen Bildern gewonnen wurde, konnten die Wissenschaftler die Neuronen identifizieren, die Informationen über den inneren Zustand (wie Hunger) übertragen, von denen, die defensives Verhalten wie Erschrecken oder Flucht steuern.

Dank einer Bildgebungstechnik, mit der die Aktivität der Neuronen an der lebenden Larve verfolgt werden kann, konnten sie zeigen, dass diese durch den Ernährungszustand beeinflusst wird: Wenn die Larven hungrig sind, nimmt die Aktivität der Neuronen, die das Erschrecken auslösen, ab, während die der Neuronen, die die Flucht begünstigen, zunimmt.

Diese Veränderung macht die Larven eher fluchtbereit als schreckhaft, was zeigt, dass ihr innerer Zustand ihre Strategie in Gefahrensituationen lenkt.

Die Wissenschaftler zeigten auch, dass diese Modulation teilweise durch Neuropeptide reguliert wird, also kleine Proteine, die von Neuronen produziert werden und der Informationsübertragung von einem Neuron zum anderen dienen. Diese sind homolog zum Neuropeptid Y, das beim Ernährungsverhalten von Säugetieren einschließlich des Menschen eine Rolle spielt.

Durch die Manipulation der Aktivität dieser Neuronen konnten die Wissenschaftler deutliche Verhaltensänderungen bei den Larven nachweisen. Dies zeigt auch, dass einige Neuronen, die in Schaltkreisen gegenseitiger Hemmung organisiert sind (bei denen sich Neuronen gegenseitig hemmen), in der Lage sind, Informationen aus der Umwelt und dem inneren Zustand des Organismus zu kombinieren, um zwischen verschiedenen Verhaltensweisen zu entscheiden. Diese Organisation ermöglicht es dem Gehirn, flexibel die am besten geeignete Reaktion für die jeweilige Situation auszuwählen.

Insgesamt hat diese Arbeit auf molekularer und zellulärer Ebene entschlüsselt, wie Hunger Verhaltensweisen beeinflussen kann, die nicht direkt mit Ernährung zusammenhängen.