Signale aus der Tiefe der Antarktis wurden aufgefangen. Sie scheinen die Erde durchquert zu haben, als ob deren Materie nicht existieren wĂĽrde.
Diese seltsamen Radiowellen wurden nicht wie üblich durch Reflexionen am Eis aufgefangen, sondern stammen direkt aus den Tiefen. Das ANITA-Experiment, das an einem Stratosphärenballon über der Antarktis hängt, fing diese unerwarteten Signale in 40 Kilometern Höhe auf – ohne dass eine bekannte Erklärung ihre Flugbahn rechtfertigen könnte.
Nach den aktuellen Gesetzen der Teilchenphysik sollten Radiowellen, die tausende Kilometer Gestein durchquert haben, zu stark abgeschwächt sein, um noch nachweisbar zu sein. Doch hier kommen diese Impulse klar an und sind zudem in einem Winkel von 30° unter dem Horizont ausgerichtet – ein normalerweise unmöglicher Winkel ohne signifikanten Verlust.
Die ersten Verdächtigen sind natürlich Neutrinos. Diese "Geisterteilchen" durchdringen normalerweise alle Materie ohne Reaktion, und ihr Nachweis ist äußerst selten. ANITA ist speziell dafür ausgelegt, sie aufzuspüren, indem es ihre Wechselwirkungen im Eis identifiziert.
Doch die Forscher des Projekts, darunter Stephanie Wissel von der Penn State University, betonen, dass diese Signale nicht denen der erwarteten Neutrinos ähneln. Ihre Form, ihr Einfallswinkel und ihre Intensität passen nicht zu den bestehenden Modellen. Selbst andere Detektoren wie IceCube oder Pierre Auger haben nichts Vergleichbares gesehen.
Der übliche Mechanismus beinhaltet sogenannte "Tau"-Neutrinos, die auf das Eis treffen und sekundäre Teilchen erzeugen, die schließlich "Teilchenschauer" auslösen. Diese nach oben gerichteten Ereignisse werden von den ANITA-Antennen erfasst. Doch die anomalen Signale scheinen von unten zu kommen, als würden sie durch die Erde gesendet.
Kein Ausbreitungsmodell kann eine solche Flugbahn erklären. Weder Randeffekte noch bekannte Reflexionen im Eis rechtfertigen den Ursprung. Es könnten neue, noch unbekannte Teilchen oder unerwartete Wechselwirkungen zwischen exotischen Teilchen sein.
Eine andere, gewagtere Hypothese deutet auf eine Form dunkler Materie hin. Diese unsichtbaren aber massiven Entitäten würden 85% der Materie im Universum ausmachen. Wenn die Signale davon stammten, wäre das eine bahnbrechende Entdeckung.
Die Forscher warten nun auf den Einsatz eines empfindlicheren Detektors: PUEO, der sich noch in Entwicklung befindet. Er könnte helfen, diese Anomalien aufzuklären oder sogar die eigentlichen Neutrinos nachzuweisen, nach denen ANITA ursprünglich suchte.
Was ist dunkle Materie?
Dunkle Materie macht etwa 85% der gesamten Materie im Universum aus, bleibt aber fĂĽr traditionelle Teleskope unsichtbar. Ihre Existenz wird aus ihren gravitativen Effekten auf Galaxien und Galaxienhaufen abgeleitet.
Wissenschaftler vermuten, dass dunkle Materie aus Teilchen besteht, die nicht mit Licht interagieren, was ihren Nachweis extrem schwierig macht. Experimente wie ANITA suchen nach indirekten Beweisen fĂĽr diese Teilchen.
Trotz jahrzehntelanger Forschung bleibt die genaue Natur dunkler Materie ein Rätsel. Die von ANITA entdeckten Anomalien könnten wertvolle Hinweise liefern, um dieses kosmische Geheimnis zu lösen.
Wie funktioniert das ANITA-Experiment?
ANITA ist eine Reihe von Instrumenten, die an Ballons hängen, die in großer Höhe über der Antarktis schweben. Diese Instrumente sind darauf ausgelegt, Neutrinos und andere hochenergetische kosmische Teilchen nachzuweisen.
Indem sie die Radiowellen beobachten, die entstehen, wenn diese Teilchen mit dem Eis interagieren, kann ANITA ihren Ursprung zurückverfolgen. Diese Methode ermöglicht die Untersuchung ferner und extrem energiereicher kosmischer Phänomene.
Die Abgeschiedenheit der Antarktis und die Reinheit ihrer Radio-Umgebung machen sie zum idealen Ort fĂĽr diese Art von Forschung. Die gesammelten Daten helfen Wissenschaftlern, die im Universum wirkenden Mechanismen besser zu verstehen.