🩺 Krebs: Vergessene Zellen gehen in die Offensive

Veröffentlicht von Adrien,
Quelle: Universität Genf
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Immunologen der UNIGE haben das bisher unerkannte Antitumor-Potenzial von CD4-T-Lymphozyten entdeckt. Ein wichtiger Schritt für neuartige Immuntherapien.

Im Kampf gegen den Krebs erlebt die Immuntherapie – die darauf abzielt, die natürlichen Abwehrkräfte des Körpers zu stärken – einen bemerkenswerten Aufschwung. Die meisten dieser Behandlungen basieren auf CD8-T-Lymphozyten, sogenannten "Killerzellen", die in der Lage sind, kranke Zellen zu eliminieren.


Ein Team der Universität Genf (UNIGE) hat jedoch einen anderen Ansatz untersucht: den der CD4-T-Lymphozyten. Lange Zeit als einfache Hilfszellen betrachtet, wurde ihr therapeutisches Potenzial in den Hintergrund gedrängt. Doch die Wissenschaftler haben entdeckt, dass diese Zellen ebenfalls eine starke Fähigkeit besitzen, Krebszellen zu zerstören, während sie weiterhin andere Immunzellen unterstützen.

Durch zelluläre Ingenieurtechniken gelang es dem Team, sie so umzuprogrammieren, dass sie einen Tumormarker ins Visier nehmen, der bei vielen Krebsarten sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern vorkommt. Diese Ergebnisse, veröffentlicht in der Zeitschrift Science Advances, ebnen den Weg für eine schnellere therapeutische Strategie, die bei einem breiteren Spektrum von Patientinnen und Patienten anwendbar ist.

Traditionell als Hilfszellen betrachtet, produzieren CD4-T-Lymphozyten Moleküle, die die Wirkung anderer Immunzellen unterstützen. Sie erleichtern insbesondere deren Funktionen, ihre Migration oder ihre Vermehrung im Körper.

Aktuelle Arbeiten des Teams von Camilla Jandus, Assistenzprofessorin am Departement für Pathologie und Immunologie, am Zentrum für Entzündungsforschung und am Translationalen Forschungszentrum für Onkohämatologie der Medizinischen Fakultät der UNIGE, zeigen, dass ihre Rolle bisher stark unterschätzt wurde.

Diese Zellen zielen nicht nur effektiv auf Melanome ab, sondern auch auf Lungen-, Eierstock-, Sarkom- und Gehirnkrebs, während sie gesunde Zellen verschonen.

In Zusammenarbeit mit dem Departement für Onkologie CHUV-UNIL und dem Lausanner Zweig des Ludwig Institute for Cancer Research haben die Wissenschaftler der UNIGE die molekularen Eigenschaften von CD4-T-Lymphozyten untersucht, die von Menschen mit Melanomen (Hautkrebs) entnommen wurden. Dabei identifizierten sie eine einzigartige Untergruppe, die einen T-Zell-Rezeptor (TCR) trägt, der in der Lage ist, ein tumorspezifisches Antigen effektiv zu erkennen: NY-ESO-1. Dieser TCR wurde isoliert und anschließend künstlich in andere CD4-T-Zellen eingebracht.

"Wir haben dann die Wirksamkeit dieser modifizierten Zellen gegen Krebszellen sowohl in vitro als auch in Tiermodellen bewertet", erklärt Camilla Jandus. "Die Ergebnisse sind beeindruckend: Sie zielen nicht nur effektiv auf Melanome ab, sondern auch auf Lungen-, Eierstock-, Sarkom- und Gehirnkrebs, während sie gesunde Zellen verschonen. Dies zeigt, dass die mit dem TCR modifizierten CD4-T-Zellen direkt Tumore angreifen können, zusätzlich zu ihrer Hilfsfunktion."

Der große Vorteil eines weit verbreiteten Allels


Das HLA-System ist eine Gruppe von Genen, die für die immunologische Erkennung verantwortlich sind. Jeder Mensch erbt verschiedene Versionen dieser Gene, die Allele. "Sie kodieren für zelluläre Oberflächenproteine, die HLA-Moleküle, die es den T-Zellen ermöglichen, gesunde Zellen von solchen zu unterscheiden, die von Krankheitserregern oder Tumorzellen befallen sind", erklärt die Forscherin.

"Die Wirksamkeit von T-Zell-Therapien hängt somit davon ab, ob die Patienten das spezifische HLA-Allel besitzen, das das Tumorantigen präsentiert. Das von unserem TCR erkannte Antigen NY-ESO-1 wird jedoch von einem Allel präsentiert, das bei der Hälfte der europäischen Bevölkerung vorkommt, im Vergleich zu nur 10 bis 15% bei anderen HLA-Allelen." Dies erhöht die Zahl der Patienten, die davon profitieren könnten, erheblich, zumal das Zielantigen in vielen Krebsarten exprimiert wird.

Hoffnung für Erwachsenen- und Kinderkrebs


Das Team von Camilla Jandus bereitet derzeit eine erste klinische Studie zur zellbasierten Therapie mit modifizierten CD4-T-Zellen und TCR vor. Ziel ist es, verschiedene Krebsarten einzubeziehen, die das NY-ESO-1-Antigen exprimieren. Ein HLA-Test wird zunächst das Vorhandensein des richtigen Allels überprüfen, dann werden die Tumore analysiert, um die Expression des Antigens zu bestätigen. Die CD4-T-Zellen werden entnommen, im Labor modifiziert, um den TCR zu exprimieren, vermehrt und dann den Patienten wieder injiziert.

Doch Camilla Jandus plant einen weiteren Schritt: die Schaffung einer Bank von modifizierten Immunzellen mit einem einsatzbereiten TCR, die von gesunden Spendern stammen und wertvolle Zeit sparen würden, insbesondere bei aggressiven Krebsarten. Diese Strategie könnte auch den Weg für Behandlungen von heute unheilbaren Krebsarten ebnen, insbesondere bei Kindern: Die ersten in-vitro-Tests an pädiatrischen Neuroblastomen sind vielversprechend.