Eine neue Studie von Wissenschaftlern der McGill University zeigt, dass chronische Schmerzen, die oft durch medizinische Tests nicht nachweisbar sind, durch einen ganzheitlichen Ansatz besser bewertet werden können.
Durch die Kombination von biologischen Daten und Informationen über die psychische Gesundheit, den Schlaf und den Stress der Patienten konnte das Forschungsteam ein umfassenderes Bild chronischer Schmerzen zeichnen. Es behauptet, dass seine in der Zeitschrift Nature Human Behaviour veröffentlichten Ergebnisse die Diagnosen und Behandlungen verbessern könnten.
Chronische Schmerzen betreffen jeden fünften Erwachsenen, aber da Blutuntersuchungen und bildgebende Verfahren sie normalerweise nicht erkennen, werden viele Betroffene nicht ernst genommen oder im Unklaren gelassen.
"Biologische Daten sagen uns, was nicht stimmt, aber nicht, was die Person fühlt", erklärt der Hauptautor Etienne Vachon-Presseau, Mitglied des Alan Edwards Centre for Research on Pain der McGill University und außerordentlicher Professor an der Fakultät für Zahnmedizin und Mundgesundheitswissenschaften.
"Schlafprobleme, Stress und Stimmung können alle beeinflussen, wie das Gehirn Schmerzen verarbeitet und damit die Intensität der empfundenen Schmerzen und ihre Auswirkungen auf den Alltag", präzisiert er.
Das Team verwendete maschinelles Lernen, um Daten von über 500.000 Personen im Vereinigten Königreich zu analysieren. Seine Modelle konnten schmerzbedingte Erkrankungen wie Arthritis und Gicht genau erkennen, konnten aber nicht die von den Personen angegebene Schmerzintensität vorhersagen. Die Hinzufügung von Daten zur psychischen Gesundheit, zum Schlaf und zum Stress verbesserte jedoch die Effektivität der Modelle erheblich, die nun den körperlichen Zustand einer Person und ihre Schmerzerfahrung berücksichtigen.
Dieser neue Ansatz könnte Ärzten helfen, Behandlungen zu wählen, die sowohl die Schmerzquelle als auch die psychischen und emotionalen Probleme, die sie verschlimmern könnten, ansprechen. Die Autoren behaupten außerdem, dass ihre Ergebnisse dazu beitragen, die Erfahrungen von Patienten mit einer sehr schwer zu diagnostizierenden Krankheit zu bestätigen.
"Unsere Forschung zeigt, dass Schmerz erkannt und verstanden werden kann, wenn man die Person als Ganzes betrachtet", erklärt Etienne Vachon-Presseau. "Patienten, Gesundheitsdienstleister und Entscheidungsträger werden alle davon profitieren, wenn sie einen ganzheitlicheren Ansatz zur Bewertung chronischer Schmerzen verfolgen".