🦠 Virtuelle Realität kann eine Immunantwort beim Menschen auslösen

Veröffentlicht von Adrien,
Quelle: Universität Genf
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Die bloße Exposition gegenüber einem kranken Avatar in einer virtuellen Umgebung reicht aus, um eine messbare Immunantwort beim Menschen auszulösen. Das zeigt ein multidisziplinäres Forschungsteam des CHUV und der Universität Genf (UNIGE).

Diese in Nature Neuroscience veröffentlichten Ergebnisse eröffnen vielversprechende Wege, um den Einfluss des Gehirns auf die Immunabwehr besser zu verstehen, und bieten neue Perspektiven für die Forschung zu Placeboeffekten, psychosomatischen Störungen oder der Modulation der Immunantwort.


Die bloße visuelle Wahrnehmung eines kranken Avatars auf einem Bildschirm reicht aus, um eine messbare Immunantwort beim Menschen auszulösen.
© CHUV

Konfrontiert mit einer rein virtuellen Infektionsbedrohung auf einem Bildschirm, löst das Gehirn einer gesunden Person eine Immunantwort aus, die der einer tatsächlich infizierten Person ähnelt. Das zeigt ein multidisziplinäres Forschungsteam des CHUV und der Universität Genf (UNIGE).

Das Team unter der Leitung von Prof. Andrea Serino, Direktor des MySpace Lab (Universitätsdienst für Neurorehabilitation des CHUV und der Institution de Lavigny) und assoziierter Professor an der Fakultät für Biologie und Medizin (FBM) der UNIL, und Prof. Camilla Jandus, Laborleiterin an der Abteilung für Pathologie und Immunologie und am Forschungszentrum für Entzündungen der medizinischen Fakultät der UNIGE sowie Mitglied des Ludwig Institute for Cancer Research, zeigt, dass die bloße Exposition gegenüber einem kranken Avatar in einer virtuellen Umgebung ausreicht, um eine messbare Immunantwort beim Menschen auszulösen.

Immunmarker, die typisch für eine Reaktion auf eine echte Infektion sind, waren tatsächlich im Blut der Teilnehmer vorhanden.

Diese Forschung, die von Dr. Sara Trabanelli (UNIGE) und Dr. Michel Akselrod (CHUV-UNIL) durchgeführt wurde, wurde in Nature Neuroscience veröffentlicht. Sie enthüllt einen bisher unbekannten Dialog zwischen Gehirn und Immunsystem: eine Abwehrreaktion, die nicht durch einen echten Krankheitserreger ausgelöst wird, sondern allein durch die antizipierte Wahrnehmung einer infektiösen Bedrohung im Gehirn.

Ein neuer Kommunikationsweg zwischen Gehirn und Immunsystem


So ist es möglich, das Gehirn auf virtuelle Weise zu stimulieren, damit es Signale an das Immunsystem sendet und es auffordert, sich zur Abwehr gegen einen Krankheitserreger zu mobilisieren.

Verschiedene Experimente wurden vom CHUV und der UNIGE mit etwa 250 Teilnehmern durchgeführt. Diese wurden in der virtuellen Realität mit menschlichen Avataren konfrontiert, von denen einige visuelle Anzeichen einer Infektion zeigten, andere ein neutrales oder ängstliches Gesicht hatten. Während 15 Minuten beobachtete die Testperson auf einem Bildschirm das Gesicht einer Person, die sich nähert und Anzeichen einer klassischen Infektion wie beispielsweise Windpocken zeigt. Ihre Reaktion wurde über mehrere Kanäle überwacht, darunter Elektroenzephalogramm, MRT und Blutanalyse.

Ergebnis: Die Annäherung eines infizierten Avatars in der virtuellen Realität reicht aus, um Hirnregionen zu aktivieren, die mit der Bedrohungserkennung und der Immunregulation verbunden sind. Noch erstaunlicher: Immunmarker, die typisch für eine Reaktion auf eine echte Infektion sind, waren tatsächlich im Blut der Teilnehmer vorhanden.

Das Gehirn antizipiert die infektiöse Gefahr


Um diese Reaktion mit der einer echten Immunaktivierung zu vergleichen, erhielt eine andere Gruppe von Teilnehmern einen Impfstoff. Die in beiden Fällen – virtuelle Exposition oder Impfung – beobachteten Immunantworten zeigten erstaunliche Ähnlichkeiten. Es zeigt sich beispielsweise beim Vergleich eines gegen Grippe geimpften Probanden und eines Probanden, der der virtuellen Realität ausgesetzt war, dass mehrere im Blut messbare Biomarker der Immunantwort bei echter und virtueller Infektion vergleichbar sind.

Diese Studie enthüllt somit eine Fähigkeit des Gehirns, eine infektiöse Gefahr vorauszusehen und den Körper in eine Abwehrreaktion zu versetzen, noch bevor ein echter Krankheitserreger eingreift. Sie ebnet den Weg für ein neues Verständnis der Wechselwirkungen zwischen dem zentralen Nervensystem und dem Immunsystem.

Vielversprechende therapeutische Ansätze


Diese Entdeckungen eröffnen vielversprechende Wege, um den Einfluss des Gehirns auf die Immunabwehr besser zu verstehen, und bieten neue Perspektiven für die Forschung zu Placeboeffekten, psychosomatischen Störungen oder der Modulation der Immunantwort. Langfristig könnte die virtuelle Realität sogar zu einem therapeutischen Werkzeug werden, um bestimmte Immunantworten zu verstärken oder zu hemmen, die Wirksamkeit von Impfstoffen zu unterstützen oder allergische Personen zu desensibilisieren.