Milliarden von Kilometern von der Sonne entfernt sind Uranus und Neptun die am weitesten entfernten Planeten unseres Sonnensystems. Lange Zeit als einfache "Eisriesen" katalogisiert, könnten diese beiden eine große Überraschung bereithalten.
Eine kürzlich in Astronomy & Astrophysics veröffentlichte Modellierung schlägt eine erneuerte Sicht auf ihren inneren Aufbau vor und geht von einer Vorherrschaft von Gesteinsmaterialien statt von Eis aus. Diese unerwartete Perspektive stellt die Szenarien der Planetenentstehung infrage und bietet neue Schlüssel zum Verständnis der Vielfalt der Welten, die um andere Sterne entdeckt wurden.
Den Forschern zufolge könnte Uranus je nach Modellannahmen ein Eisriese (links) oder ein Gesteinsriese (rechts) sein. Bild: Keck Institute for Space Studies/Chuck Carter
Die Erforschung dieser beiden Planeten stützt sich noch weitgehend auf die Daten, die die Sonde Voyager 2 während ihrer kurzen Vorbeiflüge in den 1980er Jahren sammelte. Die seitdem entwickelten Modelle basierten auf der Idee eines dicken Mantels aus Wassereis, Ammoniak und Methan, der einen Gesteinskern umhüllt. Diese Klassifizierung schien angesichts ihrer Entfernung von der Sonne und der in diesen fernen Regionen herrschenden Temperaturen logisch. Die Seltenheit direkter Beobachtungen ließ jedoch einen erheblichen Unsicherheitsspielraum hinsichtlich ihrer genauen Zusammensetzung.
Ein neuer Blick ins Innere der Planeten
Das Forscherteam der Universität Zürich wendete eine innovative Methodik an, um diese Geheimnisse zu lüften. Anstatt eine eisreiche Struktur anzunehmen, entwickelten sie Tausende von "agnostischen" Innenmodellen, die keine vorgegebene Zusammensetzung auferlegen. Diese zufällig generierten, aber physikalisch konsistenten Modelle wurden dann mit den einzigen verfügbaren Beobachtungsdaten, hauptsächlich den gemessenen Schwerefeldern, abgeglichen. Ihr Ziel war es, die plausibelsten inneren Strukturen zu identifizieren.
Die Ergebnisse dieser Simulationen eröffnen ein weitaus größeres Spektrum an Möglichkeiten als erwartet. Die Zusammensetzungen, die am besten zu den Beobachtungen passen, werden nicht notwendigerweise vom Eis dominiert. Sie könnten stattdessen auf einen deutlich höheren Anteil an Gesteinsmaterialien hinweisen als im klassischen Modell angenommen. Die Wissenschaftler betonen, dass diese Hypothese eines eher steinigen Inneren bereits vor einigen Jahren geäußert wurde, aber heute einen robusten numerischen Rahmen findet, um gestützt zu werden.
Diese Neuinterpretation fügt sich in ein erweitertes Verständnis der Objekte des äußeren Sonnensystems ein. Sie steht insbesondere im Einklang mit den Beobachtungen der Mission New Horizons, die zeigten, dass Pluto eine überwiegend steinige Zusammensetzung hat. Es erscheint daher plausibel, dass die Grundbausteine, die Uranus und Neptun bildeten, reicher an Silikaten und Metallen waren als an flüchtigen Eisarten, was das Bild einer fernen, ausschließlich von Gefrierprozessen dominierten Umgebung infrage stellt.
Ein Schlüssel für chaotische Magnetfelder
Eines der hartnäckigsten Rätsel um diese Planeten liegt in der atypischen Natur ihrer Magnetfelder. Im Gegensatz zum relativ geordneten dipolaren Feld der Erde sind die von Uranus und Neptun komplex, multipolar und stark gegenüber der Rotationsachse versetzt. Die neuen Modelle liefern einen vielversprechenden Erklärungsansatz für diese Besonderheiten.
Die vorgebrachte Hypothese basiert auf der Existenz von ionisiertem Wasser in verschiedenen Tiefen innerhalb der Planeten. Diese leitfähigen Schichten könnten Konvektionsbewegungen beherbergen, die lokalisierte und unabhängige magnetische Dynamos erzeugen. Die Überlagerung dieser Dynamos könnte die beobachtete multipolare und ungeordnete Struktur erklären. Die Modelle deuten zudem darauf hin, dass die Quelle des Magnetfelds von Uranus tiefer liegen könnte als die von Neptun.
Dieser theoretische Fortschritt räumt nicht alle Unsicherheiten aus. Die Physiker räumen ein, dass das Verhalten von Materie unter dem extremen Druck und den extremen Temperaturen in Planetenkernen noch wenig verstanden ist. Diese exotischen Bedingungen könnten die Modellergebnisse beeinflussen. Die Autoren der Studie betonen daher die absolute Notwendigkeit neuer, speziell dafür konzipierter Raumfahrtmissionen, die die Gravitations- und Magnetfelder präzise messen können, um endgültig zwischen den Szenarien zu entscheiden.