Diese nicht-invasive Hirnstimulation könnte Depressionen, Suchtverhalten und Zwangsstörungen behandeln

Veröffentlicht von Cédric,
Autor des Artikels: Cédric DEPOND
Quelle: Nature Human Behaviour
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Ein Forscherteam der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) hat eine innovative Methode entwickelt, um das menschliche Gehirn tiefgreifend zu stimulieren, ohne invasive Verfahren anzuwenden.


© 2024 Hummel / EPFL

Diese Entdeckung könnte die Behandlung verschiedener neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen wie Sucht, Depression und Zwangsstörung (OCD) revolutionieren. Die Bedeutung dieses Fortschritts liegt in der Fähigkeit, präzise tiefere Hirnregionen zu targetieren, die oft an diesen Störungen beteiligt sind, ohne die Risiken traditionell invasiver Methoden.

Hirnstimulation ist nicht neu und hat bereits ihre Wirksamkeit bei der Behandlung verschiedener neurologischer Störungen gezeigt. Die bisher verwendeten Techniken wie die tiefe Hirnstimulation (THS) erfordern jedoch invasive chirurgische Eingriffe. Das Team der EPFL, geleitet von Professor Friedhelm Hummel und Dr. Pierre Vassiliadis, hat versucht, diese Einschränkungen zu überwinden, indem es die transkranielle zeitliche Interferenzstimulation (tTIS) entwickelt hat. Dieser Ansatz, detailliert beschrieben in der Zeitschrift Nature Human Behaviour, zielt darauf ab, eine nicht-invasive Alternative zu bieten.

Die tTIS beruht auf dem Prinzip der zeitlichen Interferenz, bei der zwei Elektrodenpaare auf der Kopfhaut angebracht werden. Diese Elektroden erzeugen schwache elektrische Felder, die sich innerhalb des Gehirns kreuzen und so gezielt tiefere Regionen aktivieren können. Bisher konnten nicht-invasive Methoden diese Zonen nicht selektiv erreichen, wodurch die Behandlungen ineffektiv blieben. Die tTIS überwindet dieses Hindernis, indem sie hohe Frequenzen verwendet, die die neuronale Aktivität nicht direkt anregen, sondern den Effekt auf die Zielregion konzentrieren.

Die von der EPFL durchgeführten Experimente konzentrierten sich auf das menschliche Striatum, eine Gehirnregion, die an Entscheidungsfindung und Belohnungsmechanismen beteiligt ist. Die Forscher stellten ein Elektrodenpaar auf eine Frequenz von 2.000 Hz und das andere auf 2.080 Hz ein. Der Frequenzunterschied von 80 Hz wird zur effektiven Stimulationsfrequenz im Zielgebiet und stört dessen normale Funktion. Dieser Ansatz zeigte, dass das Verstärkungslernen, essentiell dafür, wie wir aus Belohnungen lernen, beeinflusst werden kann, indem spezifische Gehirnfrequenzen anvisiert werden.

Die potenziellen klinischen Anwendungen dieser Technik sind vielfältig. Bei der Behandlung von Sucht, bei der Patienten dazu neigen, Belohnungen zu überbewerten, könnte die tTIS helfen, diese pathologischen Verhaltensweisen zu modulieren. Ebenso bietet diese Methode für Zustände wie Depression und Zwangsstörungen, bei denen Belohnungs- und Entscheidungsmechanismen oft verändert sind, einen neuen vielversprechenden therapeutischen Ansatz. Das Team untersucht auch, wie verschiedene Stimulationsmuster die Gehirnfunktionen verbessern könnten, anstatt sie nur zu stören.

Zukünftige Forschungen zur tTIS scheinen vielversprechend, mit laufenden Tests zur Wirksamkeit bei anderen neurologischen Erkrankungen. Vorläufige Studien deuten auch auf potenzielle Vorteile für die Verbesserung motorischer und kognitiver Fähigkeiten hin, insbesondere bei älteren Menschen. Durch die Erweiterung klinischer Studien hofft die EPFL, diese Ergebnisse zu bestätigen und den Weg für neue therapeutische Anwendungen dieser revolutionären Technik zu ebnen. Diese Innovation könnte somit einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung neuropsychiatrischer Störungen markieren.