Was wäre, wenn der Mensch wie einige Tiere seine Körpertemperatur senken könnte, um kritische Situationen zu überleben? Eine kürzliche Entdeckung ebnet den Weg für eine kontrollierte Unterkühlung, inspiriert vom natürlichen Winterschlaf.
Forscher der Oregon Health & Science University (OHSU) haben einen Gehirnmechanismus identifiziert, der die Thermoregulation verändern kann. Dieser Durchbruch könnte die Notfallmedizin, wie wir sie kennen, revolutionieren, indem Gewebeschäden bei Schlaganfällen oder Herzinfarkten reduziert werden.
Das Geheimnis des tierischen Winterschlafs
Einige Tiere wie Bären oder arktische Eichhörnchen können extreme Bedingungen überleben, indem sie ihre Körpertemperatur senken. Dieses Phänomen, bekannt als Torpor, reduziert ihren Sauerstoffbedarf und verlangsamt ihren Stoffwechsel.
Nicht-winterschlafende Säugetiere wie Ratten oder Menschen besitzen diese natürliche Fähigkeit nicht. Forscher haben jedoch herausgefunden, dass das Gehirn "umprogrammiert" werden könnte, um diesen Zustand nachzuahmen.
Ein Gehirnschalter zur Kontrolle der Temperatur
Das Forschungsteam hat einen spezifischen Bereich des Gehirns, die ventro-mediale periventrikuläre Zone (VMPeA - VentroMedial Periventricular Area), als Schlüsselregulator der Temperatur identifiziert. Durch die Blockierung dieser Zone bei Ratten gelang es ihnen, eine thermoregulatorische Umkehrung herbeizuführen.
Bei dieser thermoregulatorischen Umkehrung löst Kälteeinwirkung nicht mehr die Wärmeproduktion aus, sondern reduziert sie stattdessen. Diese Entdeckung könnte die kontrollierte Unterkühlung beim Menschen ermöglichen.
Vielversprechende medizinische Anwendungen
Therapeutische Unterkühlung wird bereits eingesetzt, um Gewebe während bestimmter chirurgischer Eingriffe oder nach einem Herzstillstand zu schützen. Die derzeitigen Methoden sind jedoch begrenzt und schwer zu kontrollieren.
Die Manipulation der VMPeA könnte eine präzisere Alternative bieten. Durch die kontrollierte Senkung der Körpertemperatur könnten Ärzte das Überleben von sauerstoffarmen Geweben verlängern.
Auf dem Weg zum menschlichen Winterschlaf?
Obwohl diese Technik noch experimentell ist, eröffnet sie Perspektiven. Beispielsweise könnte sie bei langen Weltraummissionen eingesetzt werden, bei denen die Sauerstoffressourcen begrenzt sind.
Domenico Tupone, Hauptautor der Studie, betont, dass diese Entdeckung die Notfallmedizin verändern könnte. "Eines Tages könnten wir einen Zustand niedriger Temperatur und niedrigen Stoffwechsels, ähnlich dem Winterschlaf, herbeiführen, um Leben zu retten", erklärt er.