Warum haben Giraffen wirklich lange Hälse? Eine neue Studie der Biologen der Penn State Universität untersucht diese klassische Frage und bietet dabei neue Perspektiven.
Abbildungsnachweis Pixabay
Entgegen der vorherrschenden Theorie, dass die langen Hälse durch männliche Konkurrenz bedingt sind, haben die Forscher beobachtet, dass weibliche Giraffen verhältnismäßig längere Hälse besitzen. Diese Feststellung deutet darauf hin, dass die hohen Ernährungsbedürfnisse der Weibchen ein entscheidender Faktor in der Evolution des langen Giraffenhalses sein könnten.
Die klassischen Evolutionstheorien von Lamarck und Darwin besagen, dass die langen Hälse der Giraffen entstanden sind, um die Blätter hochgewachsener Bäume zu erreichen. Eine neuere Hypothese, die sogenannte "Necks-for-Sex"-These, behauptet jedoch, dass diese Evolution durch Konkurrenz zwischen den Männchen bedingt ist. Männchen mit längeren Hälsen sollen in Dominanzkämpfen, den sogenannten Halskämpfen, erfolgreicher sein.
Die kürzlich in der Zeitschrift Mammalian Biology veröffentlichte Studie untersuchte die Körperproportionen von wilden und gefangenen Giraffen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Länge des Halses ein Ergebnis der Bemühungen der Weibchen sein könnte, schwer zugängliche Blätter zu erreichen. Durch die Analyse hunderter Fotos von Masai-Giraffen stellten die Forscher fest, dass sich die Körperproportionen schon von jungem Alter an verändern.
Mit Hilfe von Fotos gefangener und freilebender Giraffen konnten die Forscher die relativen Körperproportionen messen. Sie beobachteten, dass Weibchen längere Hälse und Rümpfe besitzen, während Männchen längere Vorderbeine und breitere Hälse haben. Diese Unterschiede sind bei Erwachsenen deutlich erkennbar und deuten darauf hin, dass Weibchen ihre langen Hälse nutzen, um Blätter zu erreichen, die für andere Pflanzenfresser unerreichbar sind.
Obwohl Männchen und Weibchen bei der Geburt dieselben Körperproportionen haben, unterscheiden sie sich bei der sexuellen Reife signifikant. Weibchen haben verhältnismäßig längere Hälse und Rümpfe, was bei der Nahrungssuche und dem Aufziehen der Jungen helfen könnte, während Männchen breitere Hälse und längere Vorderbeine haben, was in Kämpfen und bei der Fortpflanzung von Vorteil sein könnte. Quelle: Penn State
Die Forscher vermuten, dass die sexuelle Selektion wahrscheinlich zu den Größenunterschieden zwischen Männchen und Weibchen beigetragen hat, wie es bei vielen polygynen Huftieren der Fall ist. Das Team nutzt auch die Genetik, um die Fortpflanzungsbeziehungen bei wilden Giraffen besser zu verstehen und somit die Erhaltungsbemühungen für diese bedrohte Art zu lenken.
Der Erhalt der Lebensräume der Giraffen ist entscheidend für ihr Überleben. Die Population der Masai-Giraffen ist in den letzten 30 Jahren erheblich zurückgegangen, teilweise aufgrund des Verlusts ihres Lebensraums und der Wilderei.