In den Felsen gehauene Höhlen. Eine isolierte Gemeinschaft. Geheimnisse, die über Jahrhunderte im Staub verborgen lagen, und die die Genetik gerade erst enthüllt hat. Eine mysteriöse mittelalterliche Gesellschaft tritt ans Licht.
Las Gobas, eine kleine Gemeinschaft im Norden Spaniens, hat Invasionen und Epidemien überlebt. Wie haben diese Bewohner diese Prüfungen überstanden, trotz Gewalt und Krankheiten?
Eine kürzlich in
Science Advances veröffentlichte Studie ermöglichte das Sequenzieren der DNA mehrerer Individuen aus Las Gobas, einer christlichen mittelalterlichen Gemeinschaft in der Provinz Burgos. Die Ergebnisse offenbaren eine Gesellschaft, geprägt von Endogamie, Krankheit und Gewalt.
Die Bewohner von Las Gobas lebten in Höhlen, die in einen Felsvorsprung gehauen wurden. Warum wählte man einen solchen Ort? Die Forscher schließen religiöse oder asketische Gründe mangels Beweisen aus. Die Isolation scheint der Schlüssel zu sein. Genetische Analysen zeigen, dass 61 % der Individuen Anzeichen von Endogamie aufwiesen, ein seltenes Phänomen für jene Zeit, was auf eine in sich geschlossene Gemeinschaft hindeutet. Diese Praxis begünstigte eine geringe genetische Vielfalt, vor allem unter den Männern.
Die Studie zeigt auch Spuren von Gewalt an mehreren Skeletten, insbesondere an zwei verwandten Individuen aus dem 6. und 7. Jahrhundert. Diese Verletzungen scheinen von Schwerthieben zu stammen, was auf eine kriegerische Vergangenheit hindeutet.
Doch damit nicht genug. Die Analysen entdeckten auch das Vorhandensein von pathogenen Bakterien wie
Erysipelothrix rhusiopathiae, die häufig bei Schweinen vorkommen. Diese Entdeckung lässt darauf schließen, dass die Schweinezucht eine zentrale Rolle im Alltagsleben spielte. Noch überraschender ist, dass die DNA eines Individuums aus dem 10. Jahrhundert Spuren von Pocken aufwies, die mit skandinavischen und russischen Stämmen in Verbindung stehen. Dieses Detail lässt vermuten, dass Handelswege und Pilgerreisen nach Santiago de Compostela Vektoren für die Ausbreitung dieses Virus waren.
Letztendlich bieten die Geheimnisse von Las Gobas einen neuen Einblick in das ländliche Leben auf der iberischen Halbinsel im frühen Mittelalter. Eine eigenständige Gesellschaft, zwischen Autarkie und Offenheit, deren tägliche Herausforderungen heute in einem neuen Licht beleuchtet werden.
Was ist Endogamie?
Endogamie bezeichnet die Praxis, sich ausschließlich innerhalb einer bestimmten Gemeinschaft oder sozialen Gruppe zu verheiraten oder zu verbinden.
Im Fall von Las Gobas führte diese Praxis zu einer geringen genetischen Vielfalt und verstärkte die familiären Bindungen, erhöhte jedoch auch die Anfälligkeit gegenüber bestimmten Krankheiten.
Wie verbreitete sich die Pockenkrankheit im Mittelalter?
Pocken, eine hoch ansteckende Viruserkrankung, verbreiteten sich hauptsächlich durch direkten Kontakt mit den Körperflüssigkeiten einer infizierten Person oder über die Luft. Im Mittelalter erleichterten Handelswege, Pilgerreisen und militärische Konflikte die Verbreitung des Virus in ganz Europa bis hin zu ländlichen Gemeinschaften wie Las Gobas.